Projekt des Monats Dezember 2023
Landschaftsgestaltung und Artenschutz in Zeiten des Klimawandels - Flurbereinigung Blankenstein; Landkreis Sächsische Schweiz - Osterzgebirge
Trockenheit auf der einen und die zunehmende Intensität und Häufigkeit von Starkregen auf der anderen Seite sind erkennbare Folgen des Klimawandels. Insbesondere kleine Gewässer sind davon betroffen. In Hitzeperioden trocknen sie aus bzw. ihre Wasserqualität leidet. Bei Starkregen sind sie oft nicht in der Lage, die Wassermassen zu bewältigen. Dies birgt nicht nur die Gefahr von Überschwemmungen, sondern beeinträchtigt auch die Gewässerqualität und damit die Lebensräume der dort lebenden Tiere.
Maßnahmen zur Aufwertung derartiger Bäche sind in der Praxis nur sehr schwer umsetzbar, weil die dafür benötigten Flächen meist nicht an der richtigen Stelle zur Verfügung stehen. Flurbereinigungsverfahren bieten hier einen guten Ansatz. Denn mit ihnen kann ländlicher Grundbesitz so neu geordnet werden, dass die Maßnahmen umgesetzt werden können. Gleichzeitig verfügt die Flurbereinigung über das notwendige Instrumentarium, um die Maßnahmen aus einer Hand zu planen und umzusetzen.
Die Teilnehmer im Flurbereinigungsverfahren Blankenstein (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) haben sich zum Ziel gesetzt, einen namenlosen Bach so zu entwickeln, dass er für den Klimawandel gewappnet ist. Gleichzeitig soll er als Lebensraum für den Kammmolch aufgewertet und dauerhaft gesichert werden.
Grundlage für die Entwicklung des Konzeptes war auch der FFH Managementplan »Triebischtäler«, der u.a. für das vorgefundene Habitat des Kammmolches Beeinträchtigungen durch voranschreitende Verlandung der vorhandenen Lebensräume attestiert.
Durch die Teilnehmergemeinschaft wurde deshalb als Bestandteil des Wege- und Gewässerplanes ein Maßnahmenkomplex zur »Naturnahen Entwicklung eines Baches« aufgenommen.
In einem Geländeeinschnitt südlich der Ortslage von Blankenstein soll eine kombinierte Maßnahme zum nachhaltigen Rückhalt von Oberflächenwasser für die gezielte Anlage von Lebensräumen zur Erhaltung des Kammmolches entwickelt werden. Dafür wird das anfallende Oberflächenwasser bei Starkregen aufgefangen und zeitverzögert in einen Seitenarm der Triebisch abgegeben. Damit können im weiteren Verlauf auch zwei angrenzende Stillgewässer gesichert mit Wasser versorgt werden.
Die beiden neu angelegten Teiche, die aus den ober- und unterirdischen Quellzuflüssen gespeist werden, sind in drei unterschiedliche Wassertiefenzonen gegliedert, um einen nachhaltigen Rückhalt und die kontinuierliche Abgabe zu gewährleisten. Weiterführend wird dadurch eine dauerhafte Wasserführung in den unterliegenden Stillgewässern gesichert, die dem Kammmolch einen Rückzugsraum bzw. eine Überwinterungsmöglichkeit bieten.
Der im Anschluss an die oberen Rückhalteteiche teilweise begradigte Graben wird naturnah gestaltet. Anzulegende Mäander sollen der Abflussverzögerung dienen.
Parallel dazu ist vorgesehen, Bäume und Sträucher (Erle, Ahorn, Eiche, Weide) zur Befestigung des Ufers zu pflanzen.
Für die Gesamtmaßnahme wurden als Bestandteile im Einzelnen geplant und anschließend baulich umgesetzt:
- die Errichtung zweier Teiche mit einer Wasserfläche von ca. 2.000 m² und unterschiedlichen Wassertiefenzonen,
- die Nachprofilierung des vorhandenen Gewässerlaufs und die Sicherung der Gefällestrecke im Gewässer,
- die Errichtung einer Furt,
- die Anlage von Kammmolchgewässern neben dem Bach,
- die Beräumung des Abflussquerschnitts sowie die Sohlanhebung des vorhandenen Gewässerlaufs mit Sohl- und Böschungssicherung,
- die Anpassung des bachbegleitenden Wanderwegs und
- die Bepflanzung der Böschungen im angrenzenden Grünlandbereich.
Die Übergänge zwischen den Tiefenzonen und den die Teiche umgebenden Böschungen wurden mit einer naturnahen Neigung angelegt. Um eine dauerhafte Wasserführung zu gewährleisten, erfolgte die Abdichtung der Teichsohle und –böschungen mit einer Tonschicht. Beide Teiche sind jeweils technisch so ausgestattet, dass eine vollständige Entleerung der Gewässer möglich ist.
Für den Fall, dass bei Starkregen sehr große Wassermengen anfallen, ist ein Überlauf vorgesehen. Dieser ist mit Wasserbausteinen befestigt und sichert bei Bedarf die geordnete Ableitung des Wassers. Der sich an die neu angelegten Teiche anschließende Gewässerabschnitt wurde so verändert, dass er sich den Geländeverhältnissen anpasst und mäandriert. Die Pflanzung von Bäumen und Baumgruppen erfolgte wechselseitig, dass sich der Gewässerverlauf nun dazwischen hindurch windet.
Im weiteren Gewässerverlauf plante die Teilnehmergemeinschaft zwei aneinandergrenzende Stillgewässer geplant, die aus dem Bach mit Wasser versorgt werden. Da Kammmolche tiefere Gewässer bevorzugen, wurde in beiden Gewässern eine Wassertiefe von max. 1,50 m vorgesehen. Bei einer flachen Böschungsneigung ist ein ausreichend großer Flachwasserbereich in jedem Gewässer vorhanden. Die Wassertiefe von 1,50 m verhindert eine frühzeitige Verlandung des Gewässers sowie ein Durchfrieren im Winter, so dass auch eine Überwinterung von Kammmolchen in den geplanten Gewässern möglich ist.
Alle diese Entwicklungsmaßnahmen sind so konzipiert, dass damit zugleich die Erlebbarkeit des Gewässers für Besucher und Wanderer verbessert wird. Gleichzeitig konnten die Erfordernisse des Hochwasserschutzes berücksichtigt werden.
Die Ausführungskosten der baulichen Maßnahmen belaufen sich auf ca. 350.000 EUR.
Zur Finanzierung dieser Kosten hat sich die Teilnehmergemeinschaft mit ihrem Projekt zur »Naturnahen Entwicklung eines Baches« bei der Initiative »Nachhaltig aus der Krise« des Sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft (SMEKUL) beworben.
Im Rahmen dieser Initiative wurden Projekte gesucht, welche neben konjunkturellen Aspekten vor allem auch die Nachhaltigkeit und Umweltaspekte berücksichtigen und damit einen erkennbaren Mehrwert für die Zukunft schaffen. Die Bewerbung war im Fördergegenstand »Maßnahmen zum Arten- und Biotopschutz« erfolgreich.
Die Investition der Teilnehmergemeinschaft Flurbereinigung Blankenstein wurde in Höhe von 90 % durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes mitfinanziert. Der noch für die Teilnehmergemeinschaft verbleibende Eigenleistungsanteil in Höhe von 10 % wurde von der Stadt Wilsdruff übernommen.
Derart komplexe Projekte kennzeichnen den herausfordernden Prozess der Anpassung an den Klimawandel und der Transformation zu einer weitgehend klimaneutralen Gesellschaft. Hier sind systemische Ansätze und nicht nur punktuelle Verbesserungen erforderlich.
Das beschriebene Beispiel zeigt eindrücklich, dass mit dem Instrumentarium der Flurbereinigung und einer gezielten Vernetzung aller Akteure auch komplexe Projekte an verschiedenen Standorten, mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Interessen umgesetzt werden können. Neben dem eigenen Planungsrecht und dem moderierenden Interessenausgleich sind die Möglichkeiten der Bodenordnung von besonderer Bedeutung. Nur hierdurch kann sichergestellt werden, dass die geplanten Maßnahmen an den optimalen Stellen verwirklicht werden können.
Im Ergebnis geben die umgesetzten Maßnahmen dem Gewässer wieder den Raum, den es braucht, um auch in Zeiten des Klimawandels als dauerhafter Lebensraum für Pflanzen, Tiere und nicht zuletzt den Menschen im Ländlichen Raum zu dienen. Gleichzeitig konnte das Hochwasserrisiko in einem Teil des Triebischtals vermindert werden.
Teilnehmergemeinschaft Flurbereinigung Blankenstein
Landratsamt Sächsische Schweiz-Osterzgebirge
Schlosshof 2/4
01796 Pirna