Projekt des Monats Juni 2023
Erschließung landwirtschaftlicher Flächen in naturschutzfachlich sensiblen Bereichen; Landkreis Vogtlandkreis
Das Flurbereinigungsverfahren »Grünes Band I (Triebel)« befindet sich in der Gemeinde Triebel im westlichen Vogtland. Es umfasst eine Gesamtfläche von knapp 870 ha. Die Abgrenzung des Verfahrensgebietes nach Südwesten folgt der ehemaligen innerdeutschen Grenze – dem heutigen »Grünen Band« – und damit der Landesgrenze der Freistaaten Sachsen und Bayern.
Das Verfahren wurde im Jahr 2000 angeordnet. Dabei sollten die komplizierten Eigentums- und Rechtsverhältnisse infolge der deutschen Teilung geklärt werden. In diesem Zusammenhang waren auch der Ausbau und die rechtliche Sicherung von Wegen zur zweckmäßigen Erschließung der Flächen notwendig. Damit sollten bestehende Nutzungskonflikte gelöst und die nachhaltige Landnutzung sichergestellt werden.
Einer der Bereiche, in denen besonderer Regelungsbedarf vorlag, befand sich in der Gemarkung Troschenreuth. Die ehemalige Ortschaft Troschenreuth liegt inmitten des Grünen Bandes und gehört zu jenen »geschleiften« Orten[1], dessen gesamte Bevölkerung deportiert und dessen Gebäude allesamt abgerissen wurden. Übrig blieb ein Gebiet, das durch eine besondere landschaftliche Vielfalt geprägt ist. Diese landschaftliche Vielfalt galt es zu erhalten und nachhaltig zu bewirtschaften.
Ursprünglich war zur Erschließung der Flächen die grundhafte Sanierung eines vorhandenen landwirtschaftlichen Weges (Birkigtweg) vorgesehen. In dessen Verlauf lagen zwei über den Feilebach führende Brücken. Eine Brückenprüfung ergab, dass die Standsicherheit, Verkehrssicherheit und Dauerhaftigkeit der Brücken ohne eine umfassende Sanierung nicht mehr gewährleistet werden konnte. Eine dauerhafte Instandsetzung der Brücken wurde jedoch technisch und wirtschaftlich als nicht mehr sinnvoll eingeschätzt. Somit mussten alternative Trassen für den Weg gefunden werden.
[1] Annette Kaminsky (Hg.), Ruth Gleinig (Bearb.): Orte des Erinnerns: Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, Berlin; Quelle: https://dewiki.de/Lexikon/Zwangsaussiedlungen_an_der_innerdeutschen_Grenze
Die Suche nach einer geeigneten Wegetrasse gestaltete sich sehr schwierig, da sich der Planungsraum in zahlreichen aus Sicht des Naturschutzes sensiblen Bereichen befindet (vergleiche Abbildung Lebensraumtypen). Es erfolgten daher von Beginn an enge Abstimmungen mit der unteren Naturschutzbehörde.
Es galt eine Trasse zu finden, die weder das Naturschutzgebiet (NSG) Feilebach noch das Flora-Fauna-Habitat (FFH-Gebiet) »Grünes Band Sachsen/Bayern« beeinträchtigt. Insbesondere der Schutz des FFH-Lebensraumtyps »Erlen-Eschen und Weichholzauenwald« begrenzte den möglichen Korridor für die Wegeführung. Hinzu kam noch die Lage des geplanten Bauvorhabens im Trinkwasserschutzgebiet.
Nach Anhörung aller Träger öffentlicher Belange konnte das Einvernehmen zu einer neuen Wegetrasse und für den Ersatzneubau einer Brücke am Kammweg Troschenreuth hergestellt werden. Dabei wurde vereinbart, den ehemaligen Birkigtweg zurückzubauen, um den Bereich des Erlen-Eschen- und Weichholzauenwaldes zu erweitern.
Landwirtschaftlicher Weg
Die neue Wegetrasse wurde so gelegt, dass der geschützte Erlen-Eschen-Weichholzauenwald im Osten und Norden umfahren werden kann. Damit konnten große Flächeneingriffe in den Auenbereich vermieden werden, so dass es nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung der NATURA 2000 Erhaltungsziele kam.
Brückenersatzbau
Bei der Planung der Brücke war sowohl die Lage in einem Trinkwasserschutzgebiet zu beachten, als auch die Gewährleistung der ökologischen Durchgängigkeit des Gewässers.
Rückbau des ehemaligen Weges
Im Zuge des Ausbaus des neuen Weges wurde der nicht mehr benötigte Teil des Birkigtweges zurückgebaut. Dies führte zu einer Erweiterung und Aufwertung des Erlen-Eschen-Weichholzauenwalds in diesem Gebiet. Damit wurde der Eingriff in Natur und Landschaft vollständig ausgeglichen.
Die für den neuen Weg erfolgte Wurzelstockrodung hat man sich bei dieser Maßnahme zunutze gemacht. Die Wurzelstöcke wurden im Bereich des alten Weges verbracht, um einen Totholz-Lebensraum zu bilden. Auf Alt- und Totholz angewiesene Organismen werden so abwechslungsreiche und vielgestaltige Strukturen geboten.
Für den Wegebau sind Kosten in Höhe von ca. 27.000 Euro angefallen. Die Baukosten der Brücke einschließlich der erforderlichen Brückenprüfungen beliefen sich auf etwa 131.000 Euro. Für die Auflassung des Birkigtweges, die in Eigenleistung erfolgte, fielen nur geringe Kosten an, so dass das Gesamtmaßnahmenpaket im geplanten Kostenrahmen umgesetzt werden konnte.
Alle Maßnahmen wurden im Rahmen der Flurbereinigung Grünes Band I (Triebel) mit einem Fördersatz von 90 % durch Mittel des Bundes und des Landes bezuschusst. Der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement übernahm Kosten in Höhe von 11.000 Euro.
Mit den umgesetzten Maßnahmen konnte die Flurbereinigung mit ihren Instrumenten zeigen, wie Konflikte in der Landnutzung entschärft werden können. Dabei kommt ihr zugute, dass sie über ein eigenes Planungsrecht verfügt. In Abstimmung mit den Fachbehörden und Verbänden können daher Vorhaben abgestimmt werden, mit denen sich die vorhandenen Herausforderungen lösen lassen. Die Möglichkeit, in der Flurbereinigung Flächen neu zu ordnen, erleichtert die anschließende Umsetzung der Maßnahmen und erhöht die Akzeptanz bei den betroffenen Grundstückseigentümern. Damit ist es gelungen, einen Mehrwert für die natürlichen Lebensräume zu schaffen bzw. ökologisch wertvolle Gebiete zu vernetzen.
Flurbereinigungsverfahren werden daher mit Blick auf die bereits bestehenden und weiter wachsenden Konflikte hinsichtlich der Landnutzung immer wichtiger.