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Projekt des Monats

Hochwasserschutz mal GRÜN gedacht! Wie Grünflächen Diethensdorf schützen - Flurbereinigungsverfahren Diethensdorf, Landkreis Mittelsachsen

Blick auf das vergrößerte Rückhaltebecken mit Gabionenwand
Blick auf das vergrößerte Rückhaltebecken mit Gabionenwand  © Ivonne Karbe (TG Diethensdorf)

Die 591 Einwohner zählende Ortschaft Diethensdorf befindet sich im Nordwesten der Gemeinde Claußnitz im Landkreis Mittelsachsen. Das Waldhufendorf wurde im 12. Jahrhundert entlang des Diethensdorfer Baches gegründet. Die heutige Gemarkung Diethensdorf ist vorwiegend durch landwirtschaftliche Flächen, ein Gewerbe- und Industriegebiet sowie einen westlich gelegenen Granulit-Steinbruch geprägt.

Der Ort und die umliegenden Flächen sind Gegenstand des im Jahr 2002 angeordneten Flurbereinigungsverfahrens Diethensdorf. Anordnungsgründe waren neben der Neuordnung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen, der Investitionsstau bei Wirtschaftswegen, die Gewässerentwicklung, aber auch die Verbesserung der Lebensqualität im Ort.

Die Ortschaft befindet sich größtenteils in der Tallage, umgeben von einer landwirtschaftlich intensiv genutzten und ausgeräumten Landschaft. Dies macht den Ort besonders anfällig für Erosion, insbesondere durch Wasser. So führten Starkregenereignisse in der Vergangenheit zu Überflutungen der Bundesstraße B 107 im Bereich der Wohnsiedlung »Eichenweg« und in der Folge zu erheblichen Sachschäden in der Ortslage Diethensdorf.

Übersicht des Plangebiets mit den bestehenden Anlagen. Die blauen Pfeile zeigen die Entwässerungsrichtung am Hang.
Übersicht des Plangebiets mit den bestehenden Anlagen. Die blauen Pfeile zeigen die Entwässerungsrichtung am Hang.  © Gesellschaft für Ingenieur-, Hydro- und Umweltgeologie mbH

Bereits 1997 errichtete der Bauträger der Neubausiedlung ein Regenrückhaltebecken mit einem Volumen von ca. 400 m³, um Oberflächenwasser aus der Wohnsiedlung »Eichenweg« aufzufangen. Bei der Dimensionierung des Beckens wurde von einem Einzugsgebiet von ca. 1,1 ha, der Größe der Neubausiedlung, ausgegangen.

Aufgrund der Lage des Regenrückhaltebeckens am Ende von zwei Talsenken und der Anlage von privaten Auffanggräben durch die Anwohner zum Schutz ihrer Grundstücke reichte die Größe jedoch nicht aus. So entwässerte nicht nur die Siedlung in das Becken, sondern auch die angrenzenden landwirtschaftlichen Bereiche. Das tatsächliche Einzugsgebiet des Regenrückhaltebeckens umfasste somit eine Fläche von ca. 22,4 ha. Zusätzlich wurde das Rückhaltevolumen durch mangelnde Pflege und unzulässige Ablagerung von Grünschnitt erheblich verkleinert.

Das alte Rückhaltebecken war aufgrund mangelnder Pflege überwuchert und stark verkleinert.
Das alte Rückhaltebecken war aufgrund mangelnder Pflege überwuchert und stark verkleinert.   © Gesellschaft für Ingenieur-, Hydro- und Umweltgeologie mbH

In der Folge kam es bei Starkregenereignissen wiederholt zum Überlaufen des Beckens, was zu Verkehrsbehinderungen an der angrenzenden B 107 und zu Sachschäden an der unterhalb liegenden Bebauung führte.

links: Überflutung der B 107; rechts: Vollgelaufenes Regenrückhaltebecken
links: Überflutung der B 107; rechts: vollgelaufenes Regenrückhaltebecken  © Günther Hermsdorf (Gemeinde Claußnitz)

Die Teilnehmergemeinschaft Diethensdorf stellte sich dieser Herausforderung im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages. Dieser umfasst nach § 39 FlurbG u.a. die Schaffung der dem gemeinschaftlichen Interesse dienenden Anlagen. In diesem Zusammenhang wurde das gesamte Umfeld der Wohnsiedlung »Eichenweg« betrachtet. Dabei wurde die Teilnehmergemeinschaft durch die Gemeinde Claußnitz und die Anwohner tatkräftig unterstützt.

Entstanden ist ein ganzheitliches Konzept, das Maßnahmen des ländlichen Wegebaus, des Hochwasserschutzes und der Verbesserung der Verhältnisse im Dorf unter Berücksichtigung der Belange des Naturschutzes und insbesondere des Artenschutzes vereint.

Karte mit eingezeichneter Maßnahme
Übersicht des Maßnahmenkomplexes aus Hochwasserschutz, Naturschutz und Dorfentwicklung.  © Gesellschaft für Ingenieur-, Hydro- und Umweltgeologie mbH

Zur Verbesserung der Abflusssituation wurde das bestehende Regenrückhaltebecken deutlich vergrößert. Sein Fassungsvermögen wurde von ca. 365 m³ auf 700 m³ erhöht. Voraussetzung dafür war die Anpassung der Form des Beckens und die Neuerrichtung des vorhandenen Drosselbauwerkes zur Abflussverzögerung. Dieses reguliert den Ablauf des gestauten Wassers über die anschließende Ablaufleitung in den Diethensdorfer Bach.

Aufgrund der Vergrößerung des Beckenkörpers musste die Fichtenhecke an der nördlichen Böschungskante entfernt werden. Zur erforderlichen Wiederherstellung des Sicht- und Lärmschutzes wurde auf Wunsch des Anliegers eine Gabionenwand errichtet. Neben der Schutzfunktion kann sie durch die grobe Befüllung mit Natursteinen u.a. Blindschleichen, Wildbienen und Spinnen als Lebensraum dienen und hat somit auch einen ökologischen Wert.

Blick auf das vergrößerte Rückhaltebecken mit Gabionenwand
Blick auf das vergrößerte Rückhaltebecken mit Gabionenwand  © Ivonne Karbe (TG Diethensdorf)

Weitere Maßnahmen tragen dazu bei, den Wasserabfluss aus den umliegenden landwirtschaftlichen Flächen besser zu kontrollieren. So wurden zum Schutz der bebauten Grundstücke am Eichenweg und an der Rochlitzer Straße in den angrenzenden Grünlandflächen Verwallungen sowie Fang- und Ablaufgräben angelegt. Zur Verminderung der Bodenerosion wurde auf den westlichen Ackerflächen eine natürliche Abflussbahn begrünt und an der Grenze zu den östlichen Ackerflächen ein zweireihiger Feldgehölzstreifen angelegt. Dieser dient gleichzeitig als Windschutz und fördert die Artenvielfalt.

Die Maßnahmen bilden gewissermaßen ein zusätzliches Grün- bzw. Verdunstungsbecken im Vorbereich des eigentlichen Regenrückhaltebeckens. Dadurch kann deutlich mehr Wasser gespeichert und die Hochwasserschutzwirkung erhöht werden.

Verdunstungsbecken, neue Auffanggräben und begrünte Abflussbahnen
Verdunstungsbecken, neue Auffanggräben und begrünte Abflussbahnen  © Ivonne Karbe (TG Diethensdorf)

Um den Hochwasserschutz-Komplex entsprechend unterhalten zu können und die Erreichbarkeit der dahinterliegenden Ackerflächen zu sichern, wurde die Rochlitzer Straße auf einer Länge von 150 m ausgebaut. Damit die anliegenden Wohngrundstücke ganzjährig erreichbar sind, erfolgte der Ausbau der ersten 115 m frostsicher in Asphalt. Die sich anschließenden 35 m dienen der Erschließung der landwirtschaftlichen Flächen sowie der Unterhaltung der Hochwasserschutzanlagen und wurden daher in Schotter ausgeführt. Der asphaltierte Teil ist als Ortsstraße, der geschotterte Teil als öffentlicher Feld- und Waldweg gewidmet.

Bild links: Asphaltstraße im Ortsbereich; Bild rechts: Schotterweg zur Erschließung der landwirtschaftlichen Flächen und der Hochwasserschutzanlagen
Bild links: Asphaltstraße im Ortsbereich; Bild rechts: Schotterweg zur Erschließung der landwirtschaftlichen Flächen und der Hochwasserschutzanlagen  © Ivonne Karbe (TG Diethensdorf)

Die Kosten der Maßnahmen belaufen sich auf ca. 830.500 Euro. Im Rahmen der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) und der gültigen Förderrichtlinie zur Ländlichen Entwicklung des Freistaates Sachsen (RL LE/2014) wurden die Einzelmaßnahmen mit 75 bzw. 85 % gefördert. Zur finanzielle Entlastung der Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens übernahm die Gemeinde Claußnitz den verbliebenen Eigenanteil.

Durch die sehr gute Zusammenarbeit aller an der Planung, Umsetzung und Finanzierung beteiligten Akteure ist es gelungen, auf begrenztem Raum verschiedene Maßnahmen umzusetzen, die in ihrer Kombination zu Synergien führen. Neben dem vordringlichen Ziel, die Ortslage vor Starkregenereignissen besser zu schützen, konnte auch das Ortsbild von Diethensdorf weiterentwickelt werden. Gemeinsam mit dem bedarfsgerechten Ausbau der Rochlitzer Straße und den neuen Lebensräumen für Tiere tragen die Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensverhältnisse im Ort bei.

Die Umsetzung von technischem Ausbau, naturnaher Gestaltung und Dorfentwicklung aus einer Hand zeigt, wie Flurbereinigung nachhaltig wirken kann - zum Schutz von Mensch und Natur.

Landratsamt Mittelsachsen
Referat Ländliche Entwicklung, Bodenordnung
Frauensteiner Straße 43
09599 Freiberg
Ile.geoinformation@landkreis-mittelsachsen.de

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